Ready for Smart City Robots
Von der Idee von Lieferrobotern und sich selbstständig verteilender Leihlastenräder
Von Nannette Hoffmann
Er war der Publikumsmagnet, der viereckige Roboter namens „Husky“, der selbstständig durch die Schkeuditzer Innenstadt kurvte. Na gut, nicht ganz selbstständig. Drei Robotik-Studenten der TU Bergakademie Freiberg hielten die Steuerung in ihren Händen und manövrierten ihn sicher am Bordstein entlang, an Gegenständen vorbei und Stufen hinauf. Damit hatte er seine Bewährungsprobe bestanden und nebenbei erste Daten gesammelt.
Diese Präsentation Ende März war der Startschuss für ein neues Projekt: „Ready for Smart City Robots“ – kurz: R4R, das vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert wird. Ziel ist es, erst in Schkeuditz und später auch in Taucha mit Hilfe der Einwohnerinnen und Einwohner digitale Umgebungsdaten zu erfassen, welche dann zukünftig den Einsatz von Lieferrobotern und sich selbstständig verteilenden Leihlastenrädern ermöglichen sollen.
Tauchen Sie ein in das Projekt „Ready for Smart City Robots“. Wir stellen Ihnen das Projekt vor, die Idee der Erfassung der digitalen Umgebungsdaten und wie Sie selbst ein Teil des Projektes werden können. Lernen Sie den kleinen Roboter Husky kennen.
Mobilität neu denken
Prof. Stephan Schmidt von der Hochschule Merseburg hat ein autonom fahrenden E-Lastenrad entwickelt. Dieser Prototyp wird auch im Rahmen des Schkeuditzer Projekts „Ready for Smart City Robots?“ fahren und Daten für den erfolgreichen Einsatz autonomer Mobilitätssysteme mitsammeln.
„Wir bringen zwei Welten zusammen: die Mobilität und die smarte Logistik“
Sebastian Zug, Prof. für Softwareentwicklung und Robotik an der TU Bergakademie Freiberg
„Ready for Smart City Robots?“
Initiierung eines neuen Projekts
Die Bergakademie Freiberg hat Projekt „Ready for Smart City“ initiiert. „Wir bringen hier zwei Welten zusammen: die Mobilität und die smarte Logistik“, sagte Sebastian Zug, Professor für Softwareentwicklung und Robotik an der TU Bergakademie Freiberg. Mit dem Landkreis habe sich schnell ein passender Projektpartner gefunden. „Wir brauchen auch neue Verkehrsmittel, um Menschen von A nach B zu bringen“, meinte Christan Hoyas, Sachgebietsleiter ÖPNV für den Landkreis Nordsachsen. Für Landrat Kai Emanuel war es an diesem Tag wie ein bisschen „Science Fiction in Schkeuditz“. Aber vor allem für den Landkreis Nordsachsen ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Mobilität der Zukunft.
Die Bergakademie Freiberg hat Projekt „Ready for Smart City“ initiiert. „Wir bringen hier zwei Welten zusammen: die Mobilität und die smarte Logistik“, sagte Sebastian Zug, Professor für Softwareentwicklung und Robotik an der TU Bergakademie Freiberg. Mit dem Landkreis habe sich schnell ein passender Projektpartner gefunden. „Wir brauchen auch neue Verkehrsmittel, um Menschen von A nach B zu bringen“, meinte Christan Hoyas, Sachgebietsleiter ÖPNV für den Landkreis Nordsachsen. Für Landrat Kai Emanuel war es an diesem Tag wie ein bisschen „Science Fiction in Schkeuditz“. Aber vor allem für den Landkreis Nordsachsen ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Mobilität der Zukunft.
Die Idee hinter dem Projekt
„Es existieren umfangreiche Daten für Straßen. Aber zu wenige über die Geh- und Radwege“, betonte Evelyn Fischer von DigiPL GmbH, einem weiteren Projektpartner. Damit aber autonome Systeme auf den Geh- und Radwegen verkehren können, werden hier ebenso umfangreiche Infrastrukturdaten benötigt: darunter Wegbreiten, Behinderungen, Beschaffenheit, Personenaufkommen und Netzabdeckung. „Nur mithilfe dieser Daten ist es möglich, autonom operierende Mobilitätssysteme oder Lieferdienste zu etablieren.“
Projektvorstellung in Schkeuditz
Landrat Kai Emanuel ließ sich die Steuerung des Roboter „Husky“ von einem Mitarbeiter und einem Studenten der TU Bergakademie Freiberg zeigen
Landrat Kai Emanuel hat den Tag gemeinsam mit Oberbürgermeister Rayk Bergner eröffnet.
Für Evelyn Fischer steht fest: Gerade der ländliche Raum, wo es weite Wege gibt, Probleme mit dem ÖPNV und auch viele ältere Menschen leben, könnte von diesen neuen Mobilitätssystemen profitieren. „Denn wenn zukünftig Lieferroboter für mich Waren von A nach B transportieren oder Leihlastenräder zu mir nach Hause kommen oder selbstständig zurück zur Verleih-Station fahren, hilft es mir im Alltag, verbessert meine Lebensqualität und unterstützt darüber hinaus bei der Verkehrswende.“
Das sieht auch Christian Hoyas so. „Auch im ländlichen Raum müssen die Menschen ja nach Hause kommen.“ Das Bikesharing sei da durchaus eine attraktive Lösung, denn es möglichst den Kunden, die Räder flexibel auszuleihen und sie wieder abzustellen. Allerdings sei die Herausforderung dabei, dass diese Räder auch wieder zurück zum Verleiher gebracht werden müssen. „Das kostet Geld und Personal“, sagt Hoyas. Sich selbstständig verteilende Leihräder könnten daher eine zukunftsfähige Alternative darstellen.
Beteiligte Projektpartner
So funktioniert die Datenerfassung
Es wird zwei Strategieansätze geben: Zum einen besteht die Möglichkeit, sich ein Fahrrad zu leihen. Zu diesem Räderpool gehören auch Lastenräder. An diesen Leihrädern sind Sensorboxen angebaut, die Infrastrukturdaten über die zurückgelegten Wege erfassen.
Zum anderen können die Einwohner auch aufs eigene Rad steigen und mithilfe der zuvor installierten R4R-App ebenfalls Daten erheben. Und auch der Roboter sowie das von Magdeburger Forschern entwickelte autonome Lastenrad erfassen ihrerseits Daten während ihrer Fahrten. „Letztlich soll getestet werden, ob die Daten, die aus den Fahrradstrategien erhoben wurden, für die autonomen Mikromobile ausreichen und welche Daten wirklich wichtig sind“, erklärte Evelyn Fischer. „Ziel ist es, dass sie irgendwann selbstständig, ohne Controller auf unseren Straßen fahren können.“
Wann das aber genau sein wird, bleibt offen. „Wir wissen ja noch gar nicht, wie die Roboter aussehen werden, die auf unseren Gehwegen fahren können“, sagt Prof. Zug. Das sei auch nicht Aufgabe dieses Projekt. „Wir brauchen erst mal aussagekräftige Daten.“ Er geht aber davon aus, dass „wir eher autonome Systeme auf unseren Rad- und Gehwegen sehen, als autonom fahrende Autos auf den Straßen“.
Leihräder
Zum Projektstart wurde unter anderem ein Lastenrad gezeigt, das sich die Schkeuditzerinnen und Schkeuditzer dann leihen können, um damit wichtige Infrastrukturdaten auf ihren Wegen zu sammeln.
Mitradeln bei den Fahrradrallyes in Schkeuditz und Köthen am 24. und 25. Juni 2023
Nach dem Auftakt des Forschungsprojektes „Ready for Smart City Robots“ (R4R) beginnt nun die Datenerfassung. Dazu werden aus der Bevölkerung freiwillige Radfahrende gesucht, die bereit sind, über eine App mit ihrem Smartphone Streckendaten zu sammeln.
Eine erste Gelegenheit bietet sich am Samstag, dem 24. Juni, parallel zum Stadtfest in Schkeuditz: da findet die „R4R-Fahrradrallye“ statt. Von 10 bis 12.30 Uhr können sowohl ambitionierte Sportradfahrer als auch spaßorientierte Freizeitradler sowie Familien und Teams auf ihre Kosten kommen. Start und Ziel ist der Rathausplatz. Über eine Strecke von circa 14 Kilometern soll geradelt werden.
Am 25. Juni findet die „R4R-Fahrradrallye“ in Köthen statt. Auf 20 km soll hier geradelt werden.
Auf beiden Strecken wird es mehrere Stationen geben, an denen kleine Aufgaben zu lösen sind. Geradelt wird in drei Kategorien: Teams, Einzelfahrer Frauen und Einzelfahrer Männer. Nützliche Sachpreise für Zweiräder werden zu gewinnen sein.
Eine Smartphone-Halterung und ein kleines Verpflegungspaket werden kostenfrei vom Organisationsteam zur Verfügung gestellt. Mehr Infos zur Rallye, zur benötigten App und zur Anmeldung unter
Wann gehts los mit der Datenerfassung?
Seit 20. April stehen in Schkeuditz die Leihräder zur Nutzung bereit, erst mal noch ohne Sensorboxen – insgesamt 85 an der Zahl. Gedacht sind sie insbesondere für Pendlerinnen und Pendler, daher sind sie an öffentlichen Bus- und Bahnhaltestellen positioniert. „Neben der digitalen Datenerfassung soll das Projekt außerdem zeigen, ob und in welchem Umfang Bewohnerinnen und Bewohner ein derartiges Verleihsystem akzeptieren“, so Evelyn Fischer. Die Datenerfassung soll im Sommer starten.
Mobilität neu denken
Prof. Stephan Schmidt von der Hochschule Merseburg hat ein autonom fahrenden E-Lastenrad entwickelt. Dieser Prototyp wird auch im Rahmen des Schkeuditzer Projekts „Ready for Smart City Robots?“ fahren und Daten für den erfolgreichen Einsatz autonomer Mobilitätssysteme mitsammeln.
Es ist 1,30 Meter lang und 120 Kilogramm schwer, fährt auf drei Rädern, besitzt einen Stauraum zum Transport und fährt elektrisch. Ein typisches Lastenrad? Mitnichten! Dieser Prototyp stammt aus dem Forschungsprojekt „AuRa - Autonomes Rad“ der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg unter Federführung von Stephan Schmidt, Prof. für Mechatronische Systeme an der Hochschule Merseburg. Drei Jahre arbeiteten er und ein zehnköpfiges Team an diesem und weiteren solcher Räder mit dem Ziel, ein „Fahrradverleihsystem autonom fahrenden E-Lastenrädern in Magdeburgs Innenstadt in Campusnähe aufbauen, die per App gerufen werden können und dann selbstständig zum Nutzer navigieren“, beschreibt er. Die Bilanz am Ende des Projekts: „Ein solches System kann funktionieren und eine echte Alternative zum PKW darstellen.“
An solchen smarten und intelligenten Mobilitätslösungen forscht Prof. Stephan Schmidt schon lange. Seine Begeisterung für das Thema Mobilität begann mit seinem Mechatronik-Studium an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg. „Hier habe ich unter anderem in meiner Abschlussarbeit an einem autonomen E-Fahrrad für Querschnittsgelähmte gearbeitet.“ Für ihn steht fest: „Ein autonom operierendes Mobilitätssystem kann die Lebensqualität eines Menschen verbessern. Es macht Spaß damit zu fahren und schont die Umwelt.“
Smarte und intelligente Mobilitätslösung: Im Rahmen des Forschungsprojektes „AuRa - Autonomes Rad“ der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg unter Federführung von Stephan Schmidt, Prof. für Mechatronische Systeme an der Hochschule Merseburg, wurde dieser Prototyp eines autonom fahrenden E-Lastenrades entwickelt. Dieser Prototyp wird auch im Rahmen des Schkeuditzer Projekts „Ready for Smart City Robots?“ fahren und Daten für den erfolgreichen Einsatz autonomer Mobilitätssysteme mitsammeln.
Dass solche neuen Ansätze in der heutigen Zeit gebraucht werden, beweist vor allem der Umweltgedanke. „Die Entwicklung hin zum E-Auto ist eine Lösung – aber nicht die einzige“, betont Prof. Schmidt. Der Trend gehe hin zur Automatisierung. Das zeigen erste Pilotprojekte. „Man kommt sicher und komfortabel ans Ziel, ohne selbst einen eigenen PKW haben und nutzen zu müssen.“ Ein Vorteil für die Stadt. Aber wie sieht es auf dem Land aus?
Hier setzt das neue Projekt „Ready for Smart City Robots?“ an. „Wir erforschen die Einsatzmöglichkeiten autonomer Mobilitätssysteme und Lieferdienste in kleinstädtischen, eher ländlich geprägten Regionen“, sagt Prof. Schmidt. Dabei geht es im Wesentlichen um die sogenannte „letzte Meile“ – also der Weg zum Beispiel von der Bushaltestelle nach Hause oder das letzte Stück beim Transport der Ware zum Kunden. „Mit unserem autonomen Lastenrad und der Erfahrung aus dem AuRa-Projekt können wir zeigen, dass so etwas funktioniert. Die Frage ist aber, ob die Städte darauf vorbereitet sind.“ Denn diese Mikrosystem nutzen die Rad- und Gehwege. Doch sind sie für deren Einsatz geeignet? Sind die Wege breit genug? Gibt es Hindernisse entlang der Strecke? Wie viele Menschen sind hier unterwegs?
Solche und weitere Fragen müssen vorab geklärt sein, damit diese Systeme störungsfrei zum Einsatz kommen können. Aber diese umfangreichen Daten gibt es bislang nicht. „Die Städte und Gemeinden wissen, wo sich die Rad- und Gehwege befinden. Aber über deren Zustand wissen sie weniger.“ Daher müssen diese Daten präzise erfasst werden - und das machen derzeit die Menschen in Schkeuditz. Sie erfahren Wege und Straßen. Dafür stehen vor Ort mit Sensoren ausrüstete Leihfahrräder bereit und mittels einer App können die Schkeuditzer auch ihr eigenes Rad nutzen. Und auch das Lastenrad von Prof. Schmidt wird seine Referenzmessungen durchführen. „Am Ende werden all diese erfassten Daten verglichen und ausgewertet. Mit diesen Ergebnissen werden wir der Stadt Schkeuditz zeigen, ob sie für den Einsatz gerüstet ist, wo vielleicht Schwachstellen liegen, die verbessert werden müssen oder auch, warum etwas gar nicht funktioniert“, beschreibt Prof. Schmidt.
Um den Weg in eine nachhaltige mobile Zukunft zu gehen, braucht es nun auch das Umdenken bei den Menschen. Sie können durch ihre tatkräftige Unterstützung im Projekt beweisen, dass sie solche Systeme auf den Straßen sehen und auch selbst nutzen wollen.
Wenn Husky eines Tages Pizza bringt
Im Forschungsfeld autonome Roboter untersuchen Mitarbeitende der TU Bergakademie Freiberg unter anderem mit dem Projekt „Ready for Smart City Robots“ (R4R), wie sich auf unseren Rad- und Gehwegen Robotersysteme in den Straßenverkehr einfügen lassen.
Norman Seyffer schließt gerade die dunkle Abdeckung der sogenannten Blackbox am Roboter. Das sei das Herzstück von Husky, so der Name des vierrädrigen Gesellen. In der Blackbox befinden sich mehrere Bordcomputer und Akkus, die für das autonome Verhalten verantwortlich sind. Dieser Aufbau und die dazugehörige Software wurden durch Norman und seine Kollegen immer wieder angepasst und justiert, damit Husky immer besser läuft – oder eher fährt.
„Husky“ ist ausgestattet mit:
- 1 globales Navigationssatellitensystem (GNSS-1)
- 4 Stereo-Kameras (hinten, vorne, links und rechts)
- 3D-Laserscanner (1 vorne und 1 hinten)
- Ultraschall-Sensoren (3 vorn, 3 hinten und jeweils 1 an den Seiten)
- innerhalb der Robotereinhausung: 3 Bordcomputer, Steuergeräte, Akkumulator, Beschleunigungs- und Lagesensor, Geschwindigkeitsbestimmung
Forschen für die Zukunft
Es geht raus auf die Straße. Husky fährt den Gehweg entlang und zieht sofort neugierige Blicke auf sich – obwohl die Freibergerinnen und Freiberger ihn eigentlich schon kennen. Denn Husky ist hier seit 2022 regelmäßig unterwegs und sammelt umfangreiche Umgebungsdaten. Er fährt mühelos den Bordstein hinunter und wieder hinauf, er wechselt die Straßenseite und stoppt automatisch vor Hindernissen. Aktuell wird er in der Innenstadt ausschließlich mit einer Fernbedienung gelenkt. „Hier ist die Lokalisierung etwas kniffliger als außerhalb. Ziel es ist aber, dass er schon bald ganz allein durch die Straßen fährt“, sagt der 27-Jährige Norman Seyffer. Naja, nicht ganz allein. Bei den Experimenten wird immer einer seiner Erbauer mitlaufen – für den Notfall oder, um auf Fragen der Bewohnerinnen und Bewohner zu antworten.
Gebaut hat Husky ein interdisziplinäres Team aus drei Studenten und drei wissenschaftlichen Mitarbeitern der TU – Informatiker, Mechatroniker und Elektrotechniker. Gebraucht haben sie dafür nur ein halbes Jahr. „Technisch bietet dieser Prototyp entsprechend viele Möglichkeiten sich auszuleben“, sagt Norman Seyffer. Es gibt eben nicht nur einen Weg, das autonome Verhalten umzusetzen, sondern viele. Diese im Alltag zu erproben, mache die Forschung auch so besonders.
„Roboter sind die Zukunft. Sie können unseren Alltag immens erleichtern. Daran zu arbeiten, zu forschen und Neues zu entwickeln, macht unheimlich viel Spaß“, sagt Norman Seyffer. Für ihn wird es spannend, zu sehen, was passiert, wenn diese Technologie auf unseren Straßen unterwegs ist. Nicht einer, sondern zehn oder mehr solcher Roboter.
Die Idee zum Datensammeln
Wie könnte so ein Szenario aussehen? Wo könnten autonome Robotersysteme überhaupt fahren? Welche Branche könnte von dieses Modellen profitieren? Und: Werden sich die Menschen darüber freuen? Diesen Fragen widmet sich Professor Sebastian Zug, Leiter der Professur für Softwaretechnologie und Robotik der TU Bergakademie Freiberg, bereits seit zehn Jahren. „Draußen herrschen keine Laborbedingungen, sondern echtes Leben. Wie geht ein technisches System dort mit seiner Umgebung um und welche Daten braucht es für ein sicheres autonomes Verhalten? Wir nutzen Roboter, um dafür Einsatzdaten zusammenzutragen“, berichtet er.
Denn eines ist klar: Was für Menschen offensichtlich ist, ist für technische Applikationen gar nicht so einfach. Einem Schlagloch oder einer Menschengruppe können Menschen einfach ausweichen. Aber ein Roboter? „Dieser muss zunächst erst einmal seine Umgebung ‚kennen‘, dafür brauchen wir umfangreiche Datensätze. Diese existieren für Straßen anhand von hochgenauen Karten, aber es gibt nichts Vergleichbares für die Rad- und Gehwege. Und mit dem Roboter die Wege abzufahren, um diese Daten einzusammeln, braucht zu viel Zeit“, erklärt er. Daher kam er auf die Idee, dass die Einwohnerinnen und Einwohner eines Ortes doch selbst Daten „erfahren“ können.
Die Besonderheiten des Husky
- Aufgenommen wird 10x pro Sekunde
- Die Sensoren haben eine Reichweite bis 7,5 Meter. Der Laserscanner hat eine Reichweite bis 150 Meter.
- Der Roboter rollt mit rund vier Kilometer pro Stunde auf Fußwegen.
- Eine Batterieladung reicht für drei Stunden.
- Gebaut haben diesen Roboter Norman Seyffer, Gero Licht und Georg Jäger (wissenschaftliche Mitarbeiter an der TU Freiberg) sowie Johannes Kohl, Nico Zumpe und Georg Muck (Robotikstudenten an der TU Freiberg) in eineinhalb Jahren (wobei die Grundbasis gekauft wurde) unter der Leistung von Prof. Sebsastian Zug.
Stadtplan für den Einsatz von Lieferrobotern
Dabei setzen Prof. Zug und das R4R-Team auf zwei Strategien: Zum einen fahren die Einwohner mit Leihrädern, die mit Sensorboxen ausgestattet sind, und zum anderen nutzen sie ihr eigenes Rad und eine extra dafür entwickelte App. Beides misst die Vibration beim Fahren, die Breite des Weges sowie Hindernisse und Verkehrsaufkommen auf der Strecke. „Die Ergebnisse beider Erfassungsstrategie werden untereinander und mit den Daten des Roboters verglichen. Dabei interessiert uns, wie sich die unterschiedlichen Verfahren in Bezug auf die Qualität und Abdeckung einer Ready-for-Robots-Karte darstellen“, sagt Prof. Zug
Am Ende soll eine Art Stadtplan erstellt werden, der zur Planung von konkreten Szenarien für Lieferroboter genutzt werden kann. „Im besten Fall können wir sehr genau vorhersagen, wie lange es dauert, von einem Punkt zum nächsten zu kommen“, erzählt er. Also wird Husky bald Pizza ausliefern, Waren vom Einkaufsmarkt in ein Wohnhaus bringen oder ein Paket nach Hause befördern? „Einsatzmöglichkeiten gibt es viele. Aber wir wissen noch nicht, wie die Roboter einmal aussehen werden, wie schnell diese fahren dürfen und welche Genehmigungen für deren Einsatz gebraucht werden. Da ist die Diskussion gerade erst eröffnet.“
Unterstützung für den Alltag
Angefangen mit Daten sammeln hat Prof. Zug in Magdeburg, führte dies in Freiberg weiter. Mit dem neuen R4R-Projekt, kommen nun Köthen und Schkeuditz hinzu. Die vollständige Karte für den Betrieb eines Roboters aufzustellen und zu evaluieren, wird einige Monate dauern. Dabei hofft er auf die fahrradfahrenden Bürgerinnen und Bürger in den beiden Orten. „Aber ich gehe davon aus, dass wir früher autonome Systeme auf unseren Rad- und Gehwegen sehen, als selbstfahrende Autos auf den innerstädtischen Straßen.“
Der Grund liege für ihn auf der Hand. „Solche autonomen Robotersysteme können unmittelbare Hilfe und Unterstützung für den Alltag leisten. Ältere Menschen könnten dank dieser neuen Möglichkeit vielleicht sogar länger in ihren eigenen vier Wänden wohnen bleiben“, meint Prof. Zug. Doch ob und wann am Ende Roboter fahren, muss die jeweilige Stadt entscheiden – und die Einwohnerinnen und Einwohner. „Wir arbeiten hier in Freiberg interdisziplinär mit verschiedenen Akteuren, wie zum Beispiel dem Blindenverband zusammen. Diese Gruppe hat ganz andere Ansätze und Wünsche an solch ein System als der Radfahrverband oder ein Dienstleister. Zudem führen wir Umfragen zur Akzeptanz in der Bevölkerung durch und sind dem praktischen Gebrauch von Robotern auf die Spur gegangen.“ Solche Miniprojekte helfen, das aktuelle Roboterprojekt weiterzuentwickeln. Denn vielleicht geht es nach dem Datensammeln ja weiter mit einem direkten Einsatz.
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