Unternehmensporträt
Diamant-Fahrradfabrik bleibt in der Erfolgsspur
von Ulrich Langer
Das sächsische Traditionsunternehmen aus Hartmannsdorf bei Chemnitz feiert 2025 seinen 140. Geburtstag und setzt mit seinen 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterhin auf hohe Qualität. Zahlreiche Auszeichnungen zeugen von hoher Sachkunde der Macher.
Gütesiegel á la DDR: Diamant, das macht was her – oder: „Wer Mifa fährt, ist Dresche wert.“ Sprüche, die seinerzeit jedem in den Sinn kamen, der mit dem Kauf eines Fahrrades liebäugelte. Denn diejenigen der Diamant-Fabrik im damaligen Karl- Marx-Stadt stehen als Zeugnis hoher Qualität. Während die preiswerteren der Mitteldeutschen Fahrradwerke Sangerhausen (Mifa) im Volksmund als die „einfacheren Modelle“ mit dem genannten etwas abschätzigen Slogan bedacht wurden.
Gewachsene Gemeinschaft
Wie dem auch sei: „Wir setzen uns nach wie vor die höchsten Maßstäbe, um international zu brillieren“, betont Mirco Schmidt. Der Geschäftsführer der Diamant Fahrradwerke GmbH in Hartmannsdorf bei Chemnitz ist – welch Wunder – natürlich selbst begeisterter Radfahrer.
„Da kann ich hin und wieder so manche Neuentwicklung gleich selbst testen“, sagt der 47-Jährige mit einem Augenzwinkern und fügt rasch ein dickes Lob hinzu: „Unsere Mitarbeiter sind spitze. Sie leisten Hervorragendes. Ein tolles Team, das tolle Produkte fertigt.“
500 Festangestellte zählt die Firma derzeit, davon rund 40 Prozent ausländische vor allem im Fertigungsbereich. „Meist aus Tschechien und Polen“, erklärt der gebürtige Erfurter. „Sie sind eine große Hilfe.“ Verständigungsprobleme gebe es kaum. „Viele sprechen gut Deutsch.“ Zusätzlich hat das Unternehmen eine App mit Firmenneuigkeiten eingerichtet, die in 27 Sprachen abrufbar ist.
Diamant ist eine gewachsene Gemeinschaft, die die fast 140-jährige Geschichte der Marke bestens pflegt.
Zahlen & Fakten:
- 1885: Die Brüder Friedrich und Wilhelm Nevoigt gründen die Fabrik „Gebrüder Nevoigt, Reichenbrand / Chemnitz“.
- 1895: Das erste Fahrrad, das den Namenszug „Diamant“ trägt, rollt vom Band.
- 1898: Die Nevoigts entwickeln die Doppelrollenkette.
- 1911: Der „Diamant Kopf über einem Fahrradlenker“ ins Warenzeichenregister eingetragen.
- 1934: Diamant entwickelt ein Lieferrad mit großem verstellbarem Gepäckgitter über dem Vorderrad und den Gesundheitslenker.
- 1946: Nach dem zweiten Weltkrieg wird das Werk Eigentum der Sowjetunion.
- 1952/53: Diamant wird Volkseigener Betrieb (VEB).
- 1956: Das dreimillionste Rad rollt vom Band, in den Folgejahren pendelt sich die Produktion auf 150.000 bis 180.000 Fahrräder jährlich ein.
- 1978: Wiederaufnahme des Exportgeschäftes.
- 1990: Nach dem Fall der Mauer wird der VEB Elite-Diamant zu den „Elite-Diamant – GmbH. Flachstrickmaschinen- und Fahrradwerken Chemnitz“.
- 1992: Die „Diamant Fahrradwerke GmbH“ wird gegründet.
- 1998: Das zehnmillionste Diamant Rad verlässt das Band. Neuer Firmensitz ist Hartmannsdorf.
- 2002: Diamant wird von der „Trek Bicycle Corporation“ übernommen.
- 2010: 125 Jahre Diamant – eine Erfolgsgeschichte mit vielen Etappen.
- 2012: Das Erfolgsmodell Topas wird 100 Jahre alt.
(Quelle: Diamantrad.com)
Internationale Hilfe
„Naja, für Tradition können wir uns nichts kaufen“, weiß Schmidt. Allerdings hilft sie, bekannt zu bleiben unter den Zweiradliebhabern. „Das ist nicht zu unterschätzen“, betont Schmidt, der seit knapp drei Jahren an der Spitze des Unternehmens steht.
„Dieses Wissen in aller Herren Länder, dass wir hochwertige Fahrräder herstellen, hat für den Absatz enorme Bedeutung.“ So werden Diamant- Räder in Österreich und der Schweiz verkauft. „Sicher hat uns auch geholfen, dass wir 1992 vom Schweizer Branchenvertreter Villiger übernommen wurden. Das hat uns den kontinentalen Markt geöffnet.“ Zudem wurde der neue Standort in Hartmannsdorf in Betrieb genommen.
2003 zogen sich die Eidgenossen allerdings zurück. „Das amerikanische Familienunternehmen Trek nutzte die Chance.“ Als deren 100-prozentige Tochter stellt Diamant nun nicht nur die Diamantenen her, sondern auch Trek-Bikes. „Knapp drei Viertel dieser Modelle für Europa kommen von uns“, freut sich der Ingenieur, der in Jena studierte und dort seine private Heimat gefunden hat. „Neben der beruflichen in Hartmannsdorf.“
Geburtsstunde der Diamant-Werke
Die komplette Produktion der Diamant- Räder für die deutschsprachigen Länder wird in Sachsen montiert - in der ältesten durchgängig fertigenden Fahrradfabrik Deutschlands.
„Das ist schon ein erhebendes Gefühlt, dazuzugehören. Hierher zu wechseln, war die beste Entscheidung meines Lebens“, sagt Schmidt, der zuvor bei einem Autozulieferer und beim Jenaer Glas- und Keramikhersteller Schott engagiert war. Allerdings schnupperte er schon als Kind Diamant-Luft. „Ich hatte ein solches Rad. Und meine Oma bekam als 17-Jährige auch eines von Diamant.“
Dabei geht die Geschichte der Firma bis ins Jahr 1885 zurück. Alles begann mit einer Pleite. Damals verlor Friedrich Nevoigt seine Arbeit in einer Strumpfmaschinenfabrik in Chemnitz. „In der Not stellte er dann selbst Platinen für Strickmaschinen her – so erfolgreich, dass sein Bruder Wilhelm ins Unternehmen einstieg“, heißt es in den Annalen.
Die erste Absatzflaute habe sie schließlich dazu motiviert, Schreibfedern aus Diamant-Stahl zu fertigen. Als Mitte der 1890er-Jahre das Veloziped zum Kassenschlager wurde, sei ihnen klar geworden: Dieser Stahl eignet sich auch bestens für Fahrradrahmen.
Das war die Geburtsstunde der Diamant-Werke. Und nicht nur das. Die Fahrrad- Serienproduktion startete hier 1895. Drei Jahre später wurde die Doppelrollen-Kette mit zwei Gelenken entwickelt, „die inzwischen Standard bei allen Fahrrädern ist – weltweit“. Nicht zuletzt der Gesundheitslenker mit ergonomischen Funktionen, der 1934 in Chemnitz kreiert wurde, „ist einmalig“, so Schmidt.
Zuvor, 1911/12, bekam das junge Unternehmen dann auch einen besonderen Namen und ein Gesicht: „Diamant“ als Firmenmarke und ein stilisiertes „Köpfchen“. Es geht auf den ersten Verkaufsleiter Max Lange zurück. Er selbst war zu jener Zeit noch keine Ikone – ikonisch ist das Logo jedoch heute.
Der Schlüssel zum Erfolg
Trotz allem durchfuhr das Unternehmen wie alle anderen Höhen und Tiefen im Laufe eines reichlichen Jahrhunderts. „Nach der Wende 1989 war die Nachfrage nach unseren Rädern eingebrochen. Jeder wollte Westprodukte haben“, erinnert sich Schmidt.
Dennoch hat sich Diamant durchgesetzt. Ob mit Carbon- Rahmen, Elektromotor oder anderen Raffinessen – die Ideen gehen den Hartmannsdorfern nicht aus. Langlebigkeit, Zuverlässigkeit, hochwertige Fertigungsgüte – „all das ist der Schlüssel zum Erfolg“, bringt er es auf den Punkt.
Dies hat natürlich seinen Preis. Zwischen 1000 und 5000 Euro kostet der Großteil des Sortiments der drei Marken Diamant, Trek und Electra. „Für individuell angepasste Hightech-Rennräder können schon mal 15.000 Euro zu berappen sein.“
Absatzzahlen sprechen für sich
„Pro Tag montieren wir hier etwa 800 Räder“, weiß Schmidt. 2022 wurden erstmals seit den 1950er-Jahren 300.000 Bikes montiert.
Zur Ertragssituation mag die US-Mutter nichts sagen. Laut Bundesanzeiger lagen die Umsätze 2021 im mittleren dreistelligen Millionenbereich. Schwarze Zahlen seien geschrieben worden.
Dazu kommen noch Auszeichnungen, „die uns stolz machen“, erzählt der Geschäftsführer. Etwa der „Chemnitzer Meilenstein“ vom Marketing-Club der Stadt für besonderes Engagement in der Region. Oder die 2023 und 2024 verliehene Ehrung als einer der 100 besten Arbeitgeber Deutschlands, vergeben von Great Place to Work, einem in Köln ansässigen internationalen Forschungs- und Beratungsinstitut, das in rund 60 Ländern Unternehmens- und Arbeitsplatzkultur von Firmen analysiert und zertifiziert.
Legendär: Täve Schurrs Diamandrad Nr. 167
Übrigens wissen längst hochklassige Sportler die Güte der sächsischen Firma zu schätzen. Mit dem Straßenrennrad Nr. 167 holte sich „Täve“ Schur 1955 auf der Internationalen Friedensfahrt den ersten Sieg eines deutschen Fahrers. Auf diesem Modell wurde er 1958 sogar Sieger bei der WM der Radamateure in Frankreich – ebenfalls als erster deutscher Fahrer überhaupt.
Heute unterstützt Trek das professionelle Radsportteam Trek-Segafredo, das regelmäßig auf Trek-Rädern bei der Tour der France unterwegs ist. Hartmannsdorf lässt grüßen. Qualität setzt sich eben durch.
Fotos: Diamant
"Ob mit Carbon-Rahmen, Elektromotor oder anderen Raffinessen – die Ideen gehen uns nicht aus. Langlebigkeit, Zuverlässigkeit, hochwertige Fertigungsgüte: All das ist der Schlüssel zum Erfolg."
Mirco Schmidt Geschäftsführer der Diamant Fahrradwerke GmbH
Blick in die Montagehalle
Verpackung á la Diamant - nachhaltig und ohne Plastik – und im Logo ist das Köpfchen zu sehen.
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