SpinLab: Leipzig ist ein attraktiver Standort für Start-ups
Von Ulrich Milde
Eric Weber zieht eine positive Zwischenbilanz. „Das SpinLab hat sich noch besser entwickelt, als wir es uns in unseren optimistischen Plänen erhofften.“ Es werde regelmäßig als eines der besten Programme für Start-ups in Europa und Deutschland ausgezeichnet, „was uns sehr stolz macht, da wir aus relativ wenig Ressourcen hier ein Maximum rausholen“, sagt der Geschäftsführer der Einrichtung im Gespräch mit der LVZ-Wirtschaftszeitung.
In den vergangenen gut neun Jahren seien mit den sechsmonatigen Programmen an den Standorten in Leipzig und im RootCamp in Hannover insgesamt über 160 Start-ups gefördert worden. „Wir freuen uns, dass durch die sorgfältige Auswahl und zusätzliche Unterstützung unsererseits insgesamt über 85 Prozent davon am Markt aktiv sind.“
Damit sei das marktübliche Verhältnis von erfolgreichen und gescheiterten Start-ups „quasi umgedreht worden“. Auch wenn die Zahl der Arbeitsplätze in der Realität recht schwer genau zu zählen sei, „gehen wir von über 2000 geschaffenen Jobs aus“.
Hohe Dichte an Hochschulen
Leipzig im Zentrum der Region Mitteldeutschland hat nach Einschätzung des gebürtigen Riesaers ein tolles Potenzial. Es gebe in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt eine hervorragende Dichte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen, teilweise von Weltruhm wie der Medizin-Nobelpreisträger Svante Pääbo. Wie in ganz Deutschland herrsche aber Nachholbedarf bei der Kommerzialisierung dieser Ideen und Technologien, etwa durch erfolgreiche Ausgründungen.
„Das sind alles positive Faktoren und dennoch ist der Abstand zum lokalen Ökosystem in Berlin, München oder Hamburg noch groß.“
Eric Weber Geschäftsführer SpinLab
„Auch wenn alle drei Bundesländer in den vergangenen Jahren wirklich tolle Fördermöglichkeiten und auch eine super Infrastruktur und Unterstützungsangebote aufgebaut haben, mangelt es noch etwas an der Unternehmerkultur.“
Es existierten im Vergleich mit anderen Standorten wie Berlin oder München vielleicht noch zu wenige erfolgreiche Vorbilder, ein noch zu wenig ermutigendes soziales Umfeld und auch die Vermögensbasis sei vergleichsweise klein. „Das sind alles Faktoren, die sich über viele Jahre weiterentwickeln müssen.“
Gutes Öko-System mit Basislager
Leipzig ist als Standort nach Einschätzung des SpinLab-Chefs sehr attraktiv. Die Lebensqualität sei ein Faktor, mit dem die Stadt immer gut punkten könne. „Dadurch gelingen immer wieder interessante Ansiedlungen auch von Start-ups.“ Allerdings: Bei der Zahl von neu gegründeten Startups pro 100.000 Einwohner sei Leipzig noch nicht in den Top 10 angekommen.
Gleichwohl gebe es ein gutes Ökosystem verschiedener Akteure wie dem Basislager Coworking, die Bio-City Leipzig, dem Hochschulgründernetzwerk Smile, Investoren wie der Technologiegründerfonds Sachsen und viele weitere Akteure mehr. Mit dem „MACHN Festival“ finde das mit Abstand größte mitteldeutsche Event für Technologie und Kreativität in Leipzig statt.
„Das sind alles positive Faktoren und dennoch ist der Abstand zum lokalen Ökosystem in Berlin, München oder Hamburg noch groß“, berichtet Weber. Geldgeber für Start-ups zu finden, sei nie einfach gewesen, insbesondere in der allerersten Finanzierungsrunde. Aktuell seien die Investoren aufgrund gestiegener Zinsen sowie der generellen Konjunkturflaute noch zurückhaltender.
„Trotzdem gilt: Egal wo und wie, hervorragende Start-ups haben überall gute Chancen, Geldgeber zu finden“, meint der SpinLab- Geschäftsführer.
Stichwort SpinLab
Das SpinLab wurde 2014 von Eric Weber gemeinsam mit der Managerschmiede HHL und weiteren Partnern egründet. Im Februar 2015 ging es mit sechs Start-ups los. Das SpinLab hat seinen Sitz in der historischen Baumwollspinnerei in Leipzig.Es konzentriert sich auf junge Firmengründungen mit innovativen, technologieorientierten Ideen in den Bereichen E-Health, Smart City, Energie und Querschnittstechnologien.
Start-ups, die für sechs Monate aufgenommen werden, zahlen keine Miete, profitieren von umfangreichen Unterstützungsmaßnahmen wie Kontakten zu Mentoren, potenziellen Investoren und einem Netzwerk von Hilfestellung gebenden Partnerunternehmen.
16. Klasse ist am Start
Die 16. Klasse von Start-ups ist inzwischen ins Leipziger SpinLab eingezogen. Aus 500 Bewerbungen wurden zehn internationale junge Firmen ausgewählt.
bitteiler entwickelt eine innovative Kommunikationsplattform, die eine effiziente und sichere Datenverwaltung großer IoT-Systeme (Internet of Things) ermöglicht. Die Lösung verspricht, die anfallende Datenmenge in Sensoren um bis zu 90 Prozent zu vermindern. Das führt zu erheblichen Kosteneinsparungen bei Datenübertragung und Speicherung und hilft bei der Senkung des Energieverbrauchs.
Breathment will digitale Therapien für Patienten ermöglichen, die an chronischen Atemwegserkrankungen leiden. Eine mit künstlicher Intelligenz gestützte mobile Therapie-App wird mit der Software zur Fernüberwachung und Telepathie kombiniert. Mithilfe von medizinischem Fachpersonal werden digitale Präventions- und Rehabilitationsprogramme für Krankenkassen angeboten. Das soll den Patienten den Zugang zur Behandlung erleichtern und die Zahl der Krankenhausaufenthalte verringern. Zudem verspricht es Kostensenkungen der Kassen.
Brandenburg Labs erarbeitet kopfhörerbasierte Audiolösungen für ein fesselndes Hörerlebnis. Das Unternehmen wurde von Karlheinz Brandenburg gegründet, einem der Entwickler des mp3-Formats zur Audiodatenkompression. Der Schwerpunkt liegt auf der Weiterentwicklung des Konzepts „Personalized Auditory Realities“ für intelligente Wearables. So sollen Störgeräusche minimiert, die Fokussierung auf gewünschte Schallquellen verbessert und authentische räumliche Klänge erzeugt werden. Alles das soll das Potenzial des menschlichen Gehörs maximieren.
HeatVentors will für Energieeinsparungen von bis zu 50 Prozent sorgen. Durch ihre patentierte Thermobatterie einschließlich zentraler Datenaufzeichnung und Überwachungssoftware wird das Speichern thermischer Energie von minus 30 bis plus 120 Grad erleichtert. Unter anderem sollen Fernwärmenetze so flexibler werden.
LipoCheck ist nach eigenen Angaben die erste auf Künstliche Intelligenz gestützte Gesundheitsplattform, die von Patientinnen und medizinischem Fachpersonal genutzt wird, um Lipödem zu erkennen, zu dokumentieren und zu behandeln. Das Lipödem ist eine krankhafte Fettverteilungsstörung, die Schmerzen in Armen und Beinen verursacht und vor allem Frauen betrifft. Sie stoßen oft auf Unkenntnis, Fehldiagnosen, lange Wartezeiten und mangelnde medizinische Betreuung. Das soll geändert werden.
LOKK entwickelt ein analytisches Onlineformat für Städte, die verschiedene Planungsprozesse und Akteure zusammenführt. Die Plattform ermöglicht es, raumbezogene Daten automatisch zu verknüpfen, bedarfsgerecht auszuwerten und die Ergebnisse in einem Stadtmodell zu visualisieren. Auf diese Weise bleiben alle Beteiligten auf dem Laufenden und können jederzeit ihre eigenen Daten, Kommentare oder Projektvorschläge einbringen.
PolymerActive hat es sich zur Mission gemacht, wesentliche Ressourcen zu erhalten und die Kreislaufwirtschaft neu zu gestalten. Das Start-up entwickelt Schadstofffilter aus Plastikabfällen, um chemische Kontaminanten wie Hormone, Arzneimittelrückstände und Pestizide aus Abwasser und Abluft zu entfernen. Die Technologie widersteht Verschmutzungen und altersbedingten Strukturschäden von Kunststoffen. Diese müssen nicht entsorgt werden, sondern bleiben für mindestens einen weiteren Lebenszyklus im Umlauf. Mithilfe der Lösung werden Wasser und Luft gereinigt, der Plastikmüll reduziert und eine CO2-sparende Filteralternative zur Aktivkohle geschaffen.
Streamcheck ermöglicht Männern ab dem 35. Lebensjahr, wichtige urologische Untersuchungen bequem von zu Hause aus durchzuführen. Das Messgerät sammelt Informationen über Harnfluss, Urinvolumen und -dauer sowie biochemische Daten. Diese werden in der App gespeichert und auf Veränderungen untersucht. So können mögliche Anzeichen von Blasen- oder Nierenerkrankungen frühzeitig erkannt werden, um präventive Maßnahmen einzuleiten.
Unbound Potential entwickelt, baut und skaliert eine neue membranlose Redox-Flow-Batterie. Sie verbessert den Ionenaustausch durch 3D-Optimierung der Grenzfläche beider Elektrolyten, was zu einer Kostenreduzierung und gleichzeitig zu einer Steigerung der Effizienz führt. Der Ansatz ist nicht auf eine spezifische Zellchemie beschränkt, sondern kann als Plattformtechnologie für eine Vielzahl von Elektrolyten eingesetzt werden.
OLIMENT arbeitet an einer nachhaltigen Alternative für die Betonherstellung. Anstatt den herkömmlich kohlenstoffintensiven Kalkstein zu verwenden, wird auf den Einsatz von kohlenstofffreiem Olivin gesetzt. Olivin ist ein Mineral, das natürlicherweise in großen Mengen vorkommt und eine vielversprechende Lösung darstellt, um die Umweltauswirkungen der Betonproduktion zu reduzieren.
Fotos: Eric-Kemnitz.com, Nora Börding
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