Mit dem Hund ins Büro
Jobticket, Obstkorb und Gratis-Kaffee allein überzeugen Bewerberinnen und Bewerber längst nicht mehr. Wahre Vorteile sehen die ganz woanders, wie eine Umfrage offenlegt.

von Patricia Liebling
Flexible Arbeitszeit, Homeoffice und – ein Hund im Büro. Laut einer Umfrage der Arbeitgeberbewertungsplattform Kununu gehört der Bürohund zu den Top-drei-Wünschen, wenn es um die Benefits im Betrieb geht. Ob es einen Bürohund gibt oder man seinen eigenen Vierbeiner zur Arbeit mitbringen darf, kann also darüber entscheiden, ob sich ein Bewerber oder eine Bewerberin für oder gegen ein Jobangebot entscheidet. Und Befürworter versprechen noch weitere Vorteile für Unternehmen.
Welchen Nutzen es konkret bringt, dem Vierbeiner die Tür in einen Betrieb zu öffnen – darüber informiert etwa der Aktionstag Kollege Hund, der am 6. Juni bundesweit begangen wird. Organisiert wird er vom Deutschen Tierschutzbund als Dachverband der Tierheime. Sein Ziel: für mehr Akzeptanz sorgen, indem Vorbehalte abgebaut und positive Effekte sichtbar gemacht werden.
Hunde im Büro - Vorteile für ...
... Hunde
Physische Gesundheit
Verminderte Vereinsamungsgefahr und Angstgefühle
Wohlbefinden durch Gruppenverbleib und Stärkung der Mensch-Hunde-Beziehung
Physische Gesundheit
Gesünder durch Oxytocinausstoß
Verbesserte Gesundheut durch Bewegung
Zeitnahe Hilfe bei Erkrankung
Tierheimhunde
Chance auf ein würdevolles Leben mit „seinem“ Menschen
... Menschen
Psychische Gesundheit
Verminderte Burnout-Gefahr, weniger psychische Erkrankungen
Geringere Gefahr von Dauerstress
Weniger Depressionen
Physische Gesundheit
Geringere Erkrankungsgefahr des Herz-Kreislauf-Systems
Geringere Gefahr von psychosomatischen Krankheiten
Geringere Gefahr von Fettstoffwechselstörungen, Übergewicht und Arteriosklerose
Neuhundebesitzer
Geringere Gefahr sozialer Vereinsamung nach der Arbeit
... Unternehmen
Mitarbeiter
Insgesamt gesündere Mitarbeiter
Leistungsfähigere Mitarbeiter
Motivierte, engagierte und flexiblere Mitarbeiter
Imageverbesserung
Vorteil im War of Talents
Ertragssteigerung
Senkung der Krankenkosten
Reduzierung Ausfall- und Fehlerquoten
Verbesserte Kreativität der Mitarbeiter
Mitarbeiterbindung
Vereinfachung (Neu-)Teambildung
Mitarbeiter sind loyaler
Quelle: BVBH Bundesverband Bürohunde e.V.
Mitarbeiter finden und binden
Doch warum ist das überhaupt so ein großes Thema? Die Antwort liegt auf der Hand: Nach Angaben des Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VDH) leben derzeit rund 9,8 Millionen Hunde in den Haushalten. 2014 waren es noch rund 6,9 Millionen. Auch die Corona- Pandemie hat ihren Teil dazu beigetragen. So sind nach VDH-Angaben 2020 im Vergleich zu Nicht- Corona-Jahren bundesweit 20 Prozent mehr Hunde gekauft worden.
Die Pandemie ging vorüber, die Menschen kehrten aus dem Homeoffice zurück ins Büro. Wohin nun also mit dem Hund? „Nach der Pandemie hatten wir eine Verdreifachung der Kontaktaufnahmen vor allem von Unternehmen, darunter auch viele weltweit tätige Konzerne“, sagt Markus Beyer, Vorsitzender des Bürohunde-Verbands, im Gespräch mit der Deutschen Presse- Agentur.
Der Arbeitskräftemangel führe seiner Ansicht nach zu einem Umdenken. „Die Personalabteilungen haben registriert, dass die Genehmigung, den eigenen Hund mitzubringen, hilfreich bei der Mitarbeiterbindung und beim Recruiting sein kann.“
„Immer mehr Unternehmen zeigen sich tolerant und erkennen die Vorteile“, meint Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Die Vierbeiner sorgen für gute Stimmung im Büro, die Mitarbeitenden verbringen ihre Pausen an der frischen Luft und das Risiko, dass Hunde aufgrund von Zeitmangel im Tierheim abgegeben werden, sinkt“, fasst Schröder die Pluspunkte aus seiner Sicht zusammen.

Gassigehen statt rumsitzen: Bürohunde bringen Bewegung und frische Luft in die Mittagspause.
Pro-Tipp!
Inhaber oder Mitarbeitende von Unternehmen, die Hunde am Aktionstag – oder sogar dauerhaft – zulassen, können sich über www.kollegehund.de anmelden.
Jeder Teilnehmende erhält vorab einen Leitfaden, der die Integration von Hunden in den Büroalltag erklärt.
Mehr als Marketing-Gag
Kleinere Unternehmen stellen inzwischen nicht nur sich und ihr menschliches Team, sondern auch ihre vierbeinigen Begleiter ganz selbstverständlich – etwa als Feel- Good-Manager – auf ihrer Website vor. „Das unterscheidet das Unternehmen von anderen, die nur so tun, als ob sie den Wandel der Arbeitswelt verstanden hätten“, sagt Markus Beyer, Gründer des Bundesverbandes Bürohund, dem RND. Und es sorgt für Aufmerksamkeit – nicht nur in den sozialen Medien.
Doch das ist nicht alles. Eine Studie der schwedischen Doktorandin Linda Handlin aus dem Jahr 2010 zeigte, dass Hunde das Arbeitsklima verbessern können. Denn: Wenn der Mensch einen Hund streichelt, wird Oxytocin freigesetzt. Das Hormon mindert den Stress und damit das Risiko, einen Burn-out oder Depressionen zu bekommen. Davon profitieren auch Mitarbeitende ohne Hund, wenn sie etwa den Hund streicheln oder sich bei Spaziergängen anschließen.
Der Hund trägt also dazu bei, Mitarbeitende gesund zu erhalten. Nicht zuletzt kann das Tier dazu beitragen, die Kommunikation im Unternehmen zu erleichtern – zum Beispiel mit anderen Abteilungen, mit denen man sonst nicht so viel zu tun hat.
Bei allen Vorteilen: Nicht für jeden Arbeitsbereich sind Hunde laut Markus Beyer denkbar. „An Fabrikarbeitsplätzen und an Orten mit strengen Hygienevorschriften sind Hunde nicht möglich“, sagt er dem RND. „Verwaltungsjobs eignen sich jedoch hervorragend.“
Rechtliche Situation
Es gibt keinen rechtlichen Anspruch darauf, den Hund mit an den Arbeitsplatz zu nehmen. Das heißt: Die oder der Vorgesetzte muss es nicht erlauben. Wer seinen Hund ohne Genehmigung mitbringt, riskiert eine Abmahnung, im wiederholten Fall sogar eine verhaltensbedingte Kündigung.
Die Erlaubnis seitens des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin kann auch an Bedingungen geknüpft werden. Dazu gehören etwa Größe, Erziehung, Gesundheit (Impfung), Sicherheit und Reinlichkeit.
Verursacht der Hund einen Schaden im Büro, kommt im Regelfall der Halter oder die Halterin beziehungsweise deren Hundehaftpflichtversicherung dafür auf.
Schon gewusst?
Im Deutschen Bundestag gilt Hundeverbot. Eine Gruppe von rund 80 Abgeordneten nahezu aller im Bundestag vertretenen Fraktionen will das ändern.
Mitte Mai 2023 hat sie sich erstmals zusammengefunden und den Parlamentskreis Hund gegründet. Die Forderungen: Der Hund soll künftig auch Zutritt zum Bundestag haben dürfen.
Die Änderung der Hausordnung ist jedoch kompliziert. Dazu müssen Präsidium, Ältestenrat und am Ende die Abgeordneten in Gänze überzeugt werden. Die Gespräche dazu wurden noch nicht aufgenommen. Darum will sich der Parlamentskreis im Laufe des Jahres 2024 kümmern.
Pausen, Pflichten und Privates
Sind Unternehmer und Unternehmerinnen daran interessiert, sich dem Thema Hund im Betrieb zu öffnen, können sie sich im Rahmen des bundesweiten Aktionstages Kollege Hund informieren. Ebenso beim internationalen Bürohundtag am 21. Juni. Denn ein paar Maßgaben gilt es unbedingt zu beachten und nach Möglichkeit in einer Betriebsvereinbarung festzuhalten, in der die Rechte und Pflichten aller Beteiligten stehen, empfiehlt Beyer.
Das betrifft betriebliche Bereiche, die hundefrei zu belassen sind, um Kolleginnen und Kollegen zu schützen, die Ängste haben oder von Allergien betroffen sind. Zu klären ist ebenfalls, wie man anderen – zum Beispiel auf dem Flur – begegnet.
Dem Tier selbst sollten ein Rückzugsort sowie Wasser- und Futternapf bereitgestellt werden. Und nicht zuletzt muss das Gassigehen geklärt sein. „Denn zusätzliche Pausen gehen nicht auf Kosten des Unternehmens“, sagt Tobias Werner, Fachanwalt für Arbeitsrecht. „Auch wenn der Chef den Hund im Büro duldet, bleibt er Privatangelegenheit.“
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