Car-Wrapping made in Leipzig
Sie verwandelt PS-Boliden in echte Schmuckstücke
Von Nannette Hoffmann
Maike Maurer hat vor sieben Jahren in Hamburg ihre Design- und Folierwerkstatt „tripleschicht“ aufgebaut. Zurück in ihrer alten Heimat Leipzig bringt sie Autos, Vans und Wohnmobile zum Leuchten.
Eigentlich stehen in der Design- und Folierwerkstatt „tripleschicht“ von Maike Maurer PS-starke Flitzer oder große Wohnmobile. Doch an diesem Donnerstagabend steht fast einsam nur ein Klavierkorpus – dafür aber als bunter Hingucker zwischen grauem Beton.
Dieses Spezialprojekt sei eine Ausnahme, sagt die junge Frau. „Der Kunde kommt gleich zur Abnahme, ich muss mich beeilen“, sagt sie kurz und macht sich sogleich an den letzten Feinschliff: die Beine. Mit Präzision faltet, legt, beklebt sie die Kanten mit einer bunten Folie und schneidet schließlich die Überreste ab. Binnen Minuten sehen die Beine genauso farbenfroh aus wie der Korpus.
Wenig später steht auch schon Peter in der Toreinfahrt. Dem Musiker stockt der Atem – „wie damals, als ich meinen Van hier abgeholt habe“, sagt er. Er geht zum frisch folierten Korpus, streicht über dessen neuen Unterbau, legt sein Keyboard ein, setzt sich davor und stimmt ein Lied an. „Es spielt sich herrlich“, schwärmt er. Was Aussehen so alles bewirken kann …
Band-Van im Van-Halen-Look
Der Musiker der Band „The New Hornets“ ist – wie es oft läuft – auf Empfehlung zu Maike Maurer gekommen. „Möchtest du Qualität und ein auffälliges Design, dann bist du bei Maike in den besten Händen“, hieß es.
Die Band hat einen schwarzen Van, den wollten sie „aufpolieren“ lassen. „Wir wollten was anderes als die klassische Werbebeklebung mit Logo und Telefon, wir wollten was mit Wiedererkennungswert“, berichtet der junge Mann. Und das sollten sie bekommen. Zusammen haben sie gesessen und überlegt, wie der Van aussehen könnte. „Es sollte unser Foto drauf sein, für den Rest war ich offen.“
Der Gitarrist der Band brachte seine Gitarre ins Spiel, die im gelb gestreiften Van-Halen-Look bereits ein Hingucker war. Nun sollten passend zum Namen „Hornet“ (engl. für Hornisse) die gelben Streifen auch quer über den Van verlaufen. Dann noch das Foto, den Bandnamen und weitere grafische Elemente dazu und fertig war das Design für den Bandbus. Also ab an den Rechner, aufzeichnen, drucken, zuschneiden und aufkleben. Nach sieben Tagen war der neue Look fertig.
„Es war echt Wahnsinn, als wir unseren Tourenwagen abgeholt haben. Wir waren alle begeistert“, sagt Peter. Dank der Optik seien auch schon neue Anfragen für Auftritte dazugekommen. „Und dabei fahren wir den Van erst seit vier Wochen.“ Immer wieder werde der Bus gesichtet und fotografiert und daraufhin in den sozialen Medien verlinkt.
Kreative Handarbeit
Für Maike Maurer ist die Freude ihrer Kunden der größte Lohn. „Ich mag es, dass ich mich in meinem Beruf ausleben und kreativ sein kann. Das ist großartig. Es ist aber immer eine Arbeit mit dem Kunden zusammen. Das Ergebnis ist nie zu 100 Prozent meines, sondern zur Hälfte die des Kunden“, sagt sie.
Die Projekte reichen von einzigartigen und bunten Privatkundenfahrzeugen über signifikante und stylische Flottenfolierungen bis zur Firmenwerbung. Aber auch von der Natur inspirierte Wohnmobile und Caravanprojekte bis zu Rennstreckenfahrzeugen, deren Look auch bei Höchstgeschwindigkeiten ins Auge fällt.
„Da alle Kunden sehr verschieden sind, ermöglicht uns modernste 3-D-Computer-Simulation, die Grafik bereits im Vorfeld bestmöglich zu visualisieren. Dennoch haben wir bei der Übergabe der fertig folierten Wagen immer einen Wow-Effekt, da die Realität eben doch noch eine andere Wirkung hat“, erklärt Maike Maurer.
Was ihr bei der Arbeit wichtig ist: „Die designten Folien sind alles Unikate. Es gibt keine zweite, die genauso aussieht.“ Für die 32-Jährige verstehe es sich von selbst, nicht zu kopieren. „Ich habe ein sehr gutes Gespür dafür zu verstehen, was mein Gegenüber sich vorstellt und brenne dafür, die Geschichten hinter der bloßen Idee zu hören.“
Dafür nimmt sich Maike Maurer auch extra Zeit, um den Kunden kennenzulernen. „So kann ich am Ende visualisieren, was gewünscht ist, auch wenn der ein oder andere nicht immer von Anfang an eine ganz konkrete Idee hat.“
Hohes Servicelevel, hochwertige Folien
Maike Maurer bietet in ihrer Werkstatt echte Handarbeit und einen Rundum-Service aus einer Hand: „angefangen beim Grafikdesign und der Erstellung von Motiven über das Drucken oder Plotten auf hochwertigen Digitaldruck- und Fahrzeugfolien bis hin zum perfekten Ergebnis auf dem Fahrzeug“, zählt sie die Arbeitsschritte auf. Das ergebe auch den stolzen Preis von 3400 Euro für eine einfarbige Vollfolierung beispielsweise bei einem SUV.
„Ich weiß, ich bin da nicht der günstigste Anbieter. Jedoch rechtfertigen unser Servicelevel, der Einsatz der neuesten 3D-Software zur Grafikansicht sowie die jahrelange Erfahrung und die hochwertigen, langfristig haltbaren Folien den Preis. Wir haben uns über die Jahre ein Standing aufgebaut, das uns Kunden aus ganz Europa beschert. Darauf bin ich sehr stolz“ betont Maike Maurer.
Möglich sind bei ihr Teil- oder Vollfolierungen. Dabei foliert sie alle Modelle – vom Trabant über Smart, Opel, VW, BMW bis zum Porsche GT3 RS, aktuell aber vor allem Multivans, Wohnwagen oder Wohnmobile. „Eines eint alle meine Kunden: Der Wunsch nach Individualisierung ihres Fahrzeuges und einer Beratung, bei der sie sich wohlfühlen“, fasst die Jungunternehmerin zusammen.
Vielschichtige Ausbildung
Dass Maike Maurer zu solch einem Handwerk kam, war eher Zufall. Die gebürtige Zwickauerin atmete als Werkstudentin bei VW erste Automobilluft. Obwohl sie Fahrzeugentwicklung und Automobilfertigung toll fand, entschied sie sich 2010 dafür, in Chemnitz Chemie zu studieren. Da ihre Jobaussichten damals auch mit Abschluss als Master wenig attraktiv ausfielen, nahm sie 2015 in Hamburg ein Duales Studium zum Wirtschaftsingenieurwesen bei einem Pharmakonzern auf. „Der Job machte mir Spaß und ich konnte schnell aufsteigen“, berichtet sie.
Aber ihr fehlte es, kreativ zu sein. Ihr damaliger Partner war Folierer und so sammelte sie erste Erfahrungen in diesem Bereich, eignete sich nebenbei noch Wissen zum Digital- und Designdruck an. Und dann stand sie vor einer Entscheidung: Mache ich in meinem Job weiter oder versuche ich, mich mit einer eigenen Folierwerkstatt selbstständig zu machen
Sie wagte 2017 den Schritt in die Teilselbstständigkeit. „Ich gründete tripleschicht, blieb aber in meiner alten Firma, während mein Partner die Folierung übernahm“, erzählt sie. „So hatte ich die Sicherheit, erst einmal das gesamte Kundennetzwerk aufzubauen, die Prozesse rund um Design und Druck zu vertiefen und in die Aufgabe der Geschäftsführung hineinzuwachsen.“
Das würde sie auch jedem empfehlen, der sich überlegt, neu zu gründen. „Ich hatte vorher keine Ahnung vom Unternehmertun. Ich musste alles von der Pike auf lernen – und zwar von 0 auf 100“, gibt sie zu. Das sei eine Doppelbelastung gewesen: „Tagsüber der erste Job, anschließend Vertrieb und Buchhaltung steuern und dann noch ein Handwerk neu erlernen.“
„Die designten Folien sind alles Unikate. Es gibt keine zweite, die genauso aussieht.“
Maike Maurer, Geschäftsführerin tripleschicht GmbH
In Selbstständigkeit aufgegangen
Doch sie leckte Blut, ging in die Kaltakquise, baute sich Stück für Stück ein Vertriebsnetzwerk auf und stieg immer tiefer in die Materie ein. „Es hat funktioniert. Die Kunden kamen, die Arbeit hat mir gefallen und ich konnte mir vorstellen, in dieser Branche zu bleiben.“ Also kündigte sie 2019 ihren alten Job und widmete sich komplett ihrer neuen Herausforderung.
Allen Widrigkeiten zum Trotz, denn oft schwappten ihr Vorurteile entgegen. „Es gab manche, die waren der Meinung ‚so eine kleine Püppi‘ könne doch nicht ihr Auto folieren. Das kannte ich schon aus der Chemie und hat mich nur noch mehr angetrieben.“ Aufgeben kam ihr so nie in den Sinn. Im Gegenteil, durch ihre präzise und hochwertige Arbeit konnte sie auch die letzten Zweifel auf der Welt räumen.
„Ich habe zu der Zeit auch immer flexibel geschaut, was passt, was wir uns in der Werkstatt zutrauen konnten und was noch nicht“, sagt Maike Maurer. Ihr Ansatz: manufakturartig arbeiten. „Schritt für Schritt das Arbeitsfeld erweitern, die Produktivität ausbauen und Prozesse optimieren.“ Geholfen habe ihr in der Zeit auch das Netzwerk zu Firmenkunden und Geschäftspartnern, von denen sie viel lernen konnte. „Der Austausch ist enorm wichtig. Wenn du mit anderen Unternehmern sprichst, kannst du Wissen teilen und aus Erfahrungen lernen.“
Social-Media-Star
Maike Maurer werkelt nicht im Geheimen. Im Gegenteil: Regelmäßig gibt sie auf ihren Social-Media-Kanälen Einblicke in aktuelle und außergewöhnliche Folierungsprojekte. Das kommt an. Fast 11.000 YouTube-Abonnenten verfolgen regelmäßig Maike Maurers VLog. Hinzu kommen 16.300 Follower auf Instagram. Auch auf X und Facebook ist sie aktiv.
Neue, alte Heimat
Dass sie damals Hamburg als Gründungsort auserkor, war auch Zufall. „Ich dachte, ich bin einmal hier und hier ist sicher eine andere Kaufkraft zu erwarten.“ Doch wie sich herausstellte, kamen die Kunden von überall her aus ganz Deutschland. „Es zeigte sich, dass die Community bereit ist, mehrere hundert Kilometer zu fahren. Die wenigsten meiner Kunden kamen aus Hamburg.“
Das nahm sie zum Anlass, über einen Umzug nachzudenken. „Ich wollte zurück, zurück nach Hause.“ Der Grund: „Es ist schwer in der Gründung, in der meine Arbeitszeit weit über 40 Wochenstunden hinausging, neue Freunde zu finden. „Als neuen Standort hat sie sich im Leipzig ausgesucht. „Ich liebe die Stadt, weil sie kulturell viel bietet, weltoffen ist. Und in der Umgebung finde ich alles zur Erholung und zum Ausgleich“, betont sie. Und das Beste: „Meine Freunde wohnen alle in der Nähe.“
Die Arbeit ging in Leipzig nahtlos über. Von Anfang an betreibt Maike Maurer auch einen eigenen Online-Shop und vermarktet ihre Projekte über Instagram und YouTube. So hat sich die Community stetig erweitert. Waren anfangs vor allem junge Tuning-Fans ihre Kunden, sind es jetzt Unternehmerinnen und Unternehmer, die ihren Firmenwagen individualisieren lassen wollen – sportlich, modern, auffällig verrückt, in matt, glänzend, mit 3D-Effekt – den Wünschen sind keine Grenzen gesetzt. „Und immer mehr Leute wollen ihre Wohnmobile aufhübschen, zum Beispiel passend zu ihrem Hobby“, verrät Maike Maurer.
Autos mit Erinnerung
Viele Kunden sind ihr über die Jahre in Erinnerung geblieben. „Die allererste Folierung haben wir zu Werbezwecken komplett mit Design, Druck und Folierung verlost und dem Gewinner kostenlos zur Verfügung gestellt. Das war ein genialer Werbeeffekt und das junge Pärchen hatte es mehr als verdient! Mein allererster Porsche, der riesige vollfolierte Crafter in superhoch und superlang oder erst neulich der folierte Dodge Ram im Galaxy Look – alles Projekte, an die ich mich einfach gern erinnere, weil die Geschichten der Menschen dazu so greifbar sind“, schwärmt sie.
Eine Herausforderung war die Rennstreckenfolierung für einen Porsche GT 3 RS. „Die Ingenieurstechnik dieses Fahrzeuges war sehr beeindruckend, das fiel vor allem bei der Demontage und Montage der ganzen Fahrzeugteile auf.“ Oder auch die Zusammenarbeit für die Extreme E-Rennserie – „da habe ich Cupra die designte Digitaldruckfolie für ihr Projektfahrzeug bis nach Spanien an die Rennstrecke geschickt. Und das alles made in Leipzig. Ein wirklich cooles Projekt.“
All diese Erinnerungen teilt Maike Maurer auf ihrem Youtube- Kanal. „Ich möchte damit nicht nur die schönen Momente zeigen, sondern auch, welche Arbeit in meiner Autofolierung steckt. Ich möchte ein Bewusstsein für das Handwerk schaffen, damit die Menschen verstehen, wie auch der Preis zustande kommt.“ Denn wie bei vielem: Die Liebe steckt im Detail.
Fotos: tripleschicht, Nannette Hoffmann | Hintergrund & Grafik: Adobe Stock
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