Volle Auftragsbücher bei der Schachtbau Nordhausen dank mehrerer Tätigkeitsfelder
Von Ulrich Milde
Experten schlagen Alarm. „Die Rohstoffknappheit wird für die deutsche Wirtschaft künftig eine zentrale Herausforderung werden“, sagt Peter Buchholz, Chef der Deutschen Rohstoff-Agentur in Berlin. Dabei ist die Bundesrepublik „auf eine sichere Rohstoffversorgung angewiesen“, heißt es im Bundeswirtschaftsministerium.
Allein für die Energiewende wird ein gigantischer Bedarf benötig. Zur Windenergieerzeugung braucht Deutschland bis 2030 rund 5500 Tonnen Seltene Erden. Letztere wiederum werden zu 50 Prozent in China produziert. Das Land hat nach Angaben von Hubert Jäger, Professor an der Technischen Universität Dresden, zudem „90 Prozent des Eisenerzaufkommens im Griff“. Für sieben von neun kritischen Rohstoffen ist China nach Angaben des Ifo-Instituts unter den Top fünf der wichtigsten Exporteure weltweit. Die Bundesrepublik ist nicht gerade reich an Rohstoffen, also auf Einfuhren von Lithium und Kobalt, Kadmium, Silizium & Co. angewiesen.
Einsatz im Himalaya: Im Gebiet Wangdue im Königreich Bhutan wird ein Wasserkraftwerk errichtet. Dazu wird unter anderem ein 8,5 Kilometer langer Druckstollen errichtet.
Deutschland importierte 2021 Rohstoffe im Wert von etwa 211,2 Mrd. Euro
(Energierohstoffe, Nichtmetalle und Metallrohstoffe). Dies entspricht einem Plus von etwa 71,5 Mrd. Euro (+51,1 %) gegenüber dem Vorjahr
Akzeptanz für heimische Rohstoffgewinnung nötig
All das weiß natürlich auch Michael Seifert. Schließlich ist er Vorsitzender der Geschäftsführung der Schachtbau Nordhausen GmbH, ein Unternehmen, das als Bergbaudienstleister groß geworden ist. Der Manager und Diplom-Bergbauingenieur kennt also alles rund um das Heben von Bodenschätzen. „Wir brauchen eine neue Akzeptanz für die heimische Rohstoffgewinnung“, fordert er. Ansonsten gehe „eine Menge Wertschöpfung für uns verloren“. Deutschland könne sich nicht darauf einstellen, „alles aus dem Ausland zu beziehen“.
Die Müngstener Brücke ist fertig saniert. Das Bauwerk führt in einer Höhe von 107 Metern Züge zwischen Solingen und Remscheid über die Wupper. Die Stahlprofile haben zusammen ein Gewicht von mehr als 4900 Tonnen.
Deutschland hat im Jahr 2021 mineralische Rohstoffe und Energierohstoffe im Wert von 108,5 Mrd. Euro exportiert,
was einer Zunahme um 33,5 % gegenüber dem Vorjahr entspricht.
So hätte auch beim beschlossenen Ausstieg aus der Braunkohle mitbedacht werden müssen, dass bei der Verstromung als Abfallstoff REA-Gips entsteht. „Das macht ein Drittel unseres Bedarfs aus“, sagt der Bergbau-Ingenieur. Gleichzeitig solle die energetische Sanierung der Gebäude vorangetrieben werden, wofür wiederum Gips erforderlich sei. Ferner gebe es in der Bevölkerung regelmäßig massive Widerstände, wenn es um das Erschließen neuer Abbaugebiete für Gips oder Kies gehe.
Hier sei eine sorgfältige Abwägung angebracht. Seifert nennt ein anderes Beispiel. Die Windkraftanlagen veränderten die Luftströme, werfen Schatten. „Welche Auswirkungen hat das? Auch über solche Fragen müssen wir nachdenken.“ Durchaus kritisch beurteilt er den Widerstand gegen heimisches Frackinggas. Wer aber gleichzeitig diese Energie aus anderen Ländern beziehe, müsse sich schon eine gewisse Doppelmoral vorwerfen lassen. Ähnliches gelte für die Kernkraft. Leider habe sich die Bundesrepublik hier auch aus der Forschung weitgehend verabschiedet.
„In den Bereichen, in denen wir unterwegs sind, herrscht bis jetzt eine konstante Nachfrage.“
Michael Seifert, Geschäftsführer der Schachtbau Nordhausen GmbH
Langfristig denken und investieren
Der Geschäftsführer des Industrieunternehmens, dessen Ursprünge bis ins Jahr 1898 zurückreichen und das im vorigen Jahr bei einem Umsatz von 120 Millionen Euro – trotz Corona- und Ukrainekrise – wieder schwarze Zahlen schrieb, mahnt langfristiges Denken an, wie es etwa im Bergbau der Fall sei. Bereits vor der Förderung müsse jede Menge Geld in die Hand genommen werden. Das beinhalte auch enorme Rückstellungen für die spätere nachhaltige Rekultivierung. „Der Raum Leipzig mit der Seenlandschaft im Süden ist ein Paradebeispiel dafür“, meint Seifert, der auch Präsident des bundesweit agierenden Branchenverbandes Bergbau, Geologie und Umwelt (VBGU) ist.
Bei all den Sorgen über den Wirtschaftsstandort Deutschland – bei der Schachtbau Nordhausen GmbH mit ihren 800 Beschäftigten in Nordhausen und weiteren 250 in Kasachstan – überwiegt der Optimismus. „Ja, leichter ist das Geschäft nicht geworden“, kommentiert Seifert Konjunkturflaute und Verunsicherungen durch den Ukraine-Krieg. „Aber in den Bereichen, in denen wir unterwegs sind, herrscht bis jetzt eine konstante Nachfrage.“ Die Auftragsbücher umfassen Order über mehr als 200 Millionen Euro. Zudem ist es der Geschäftsführung erfolgreich gelungen, die Firma auf eine breite und solide Basis zu stellen. Neben dem Bergbau sind die Anlagentechnik, der Stahlbau und der Maschinenbau weitere Betätigungsfelder.
Circa 1486 Quadratkilometer (entspricht 0,416 %) der Landfläche Deutschlands wurde bis Ende 2020 als Abbauland, also Bergbaubetrieb, Tagebau, Grube und Steinbruch genutzt.
Aufgrund von Rekultivierung und Renaturierung für eine Folgenutzung der Flächen ist die jährlich berechnete Abbaulandfläche rückläufig.
Projekte, die sich sehen lassen können
Außerdem sei vieles von dem, was das Unternehmen liefere, konjunkturunabhängig. „Kläranlagen zu modernisieren, können Kommunen nicht ewig hinauszögern.“ Schachtbau gehört hier zu den ersten fünf Dienstleistern in Deutschland und bietet von der Edelstahlfertigung bis zur Montage vor Ort eine Art Komplettpaket. Die Sanierung von stählernen, in die Jahre gekommenen Brücken könne oftmals nicht aufgeschoben werden. Die Schachtbauer sind da seit vielen Jahren vor allem in Nordrhein-Westfalen tätig. Auch die ersten nach der Wende gebauten Brücken zeigten ersten Verstärkungsbedarf, berichtet Seifert und nennt beispielhaft ein Bauwerk der A2 bei Hohenwarte.
Im Bergbau sorgt nach seinen Angaben das Auffahren neuer Strecken in einem kasachischen Chromerzbergwerk „für stete jährliche Umsätze im zweistelligen Millionenbereich“. Für das Lehr- und Forschungsbergwerk der TU Bergakademie Freiberg wurde gerade ein 1,5-Millionen-Euro-Auftrag abgearbeitet. Am zukünftigen Atomendlager Schacht Konrad im niedersächsischen Salzgitter mischen die Thüringer ebenfalls mit. Aus 1200 Tonnen Stahl soll für 50 Millionen Euro ein Förderturm entstehen, „das Herzstück der Anlage“. In dem früheren Eisenerzbergwerk sollen ab 2027 schwach- und mittelradioaktive Abfälle, die auch im medizinischen Sektor anfallen, eingelagert werden.
Der Schacht Konrad
Die Schachtanlage Konrad im niedersächsischen Salzgitter ist das erste nach dem Atomrecht genehmigte Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Deutschland. Ab 2027 sollen in dem ehemaligen Eisenerzbergwerk bis zu 303 000 Kubikmeter Abfälle eingelagert werden.
Über die Schächte Konrad 1 und Konrad 2 wurde ab 1961 Eisenerz gefördert. Bereits zwölf Jahre später endete aus wirtschaftlichen Gründen der Abbau. 2002 genehmigte die von Ministerpräsident Sigmar Gabriel geführte niedersächsische Landesregierung das Endlager. 2007 wurde das durch das Bundesverwaltungsgericht letztinstanzlich bestätigt. Es gab heftigen Widerstand gegen die Pläne.
Rund zwei Drittel der für das Endlager bestimmten radioaktiven Abfälle stammen aus Kernkraftwerken sowie Betrieben der kerntechnischen Industrie. Außerdem sollen dort Materialien aus dem Rückbau von DDR-Kernkraftwerken aufgenommen werden.
Unternehmen blickt positiv in die Zukunft
Schachtbau hat zudem einen 30 Millionen Euro umfassenden Erweiterungsauftrag von der Bundesgesellschaft für Endlagerung erhalten. Bis 2024 soll im untertägigen Streckensystem des Schachts eine 40 Zentimeter starke Betoninnenschale einschließlich einer Fahrbahndecke eingebaut werden. Das Atomendlager der DDR in Morsleben soll gleichfalls verwahrt werden. Im Rahmen eines Forschungsprojekts wollen die Schachtbauer zunächst an einem Referenzstandort ein Abdichtbauwerk errichten und dieses dann zwei Jahre lang auf Durchlässigkeit testen.
Die Suche nach einem Endlagerstandort in Deutschland ist nach Seiferts Einschätzung deshalb so schwierig, „weil sie ideologiebelastet“ sei. In Finnland dagegen hätten sich die Kommunen um den Standort gestritten. Da schüttelt der Ingenieur über die Bundesrepublik ein wenig den Kopf. Unterkriegen lässt er sich deshalb nicht. Denn er sieht zumindest für sein Unternehmen, das 1992 durch die Bauer Gruppe im bayerischen Schrobenhausen privatisiert wurde, eine positive Zukunft. „Uns wird es auch in weiteren 125 Jahren noch geben.“ leer Rohstoffknappheit zum Trotz.
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Video und Fotos: Schachtbau Nordhausen | Quelle: : Deutsche Rohstoffagentur
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